Header Spielen in der Stadt Always remember. Never forget

ERINNERE die Stadt

Federbetten nur für Kinder
Performative Installation auf dem Gelände des ehemaligen Judenlagers Milbertshofen

Von Jugendlichen des Projekts Always remember. Never forget von CultureClouds e.V. in Kooperation mit dem NS-Dokumentationszentrum München

Wie soll man sich erinnern? Welche neuen Wege darf man beschreiten? Was wäre möglich, was angemessen, was zeitgemäß? »always remember. never forget« will Erinnerung im öffentlichen Raum durch körperliche Präsenz und Performance wieder sichtbar machen, sich die Stadt erinnernd erobern, mit dem Körper erforschen und Auseinandersetzung einfordern.

Im Mittelpunkt der künstlerischen Forschungsarbeit für das Stück »Um 2 Uhr nochmal Kaffee« (Premiere Juli 2021 im Theater schwere reiter) stand das ehemalige Judenlager Milbertshofen, das von Juni 1941 bis August 1942 existierte und für das Schicksal der Juden in München von entscheidender Bedeutung war.

Zusammen mit dem Holocaust-Überlebenden Ernst Grube haben wir versucht, die Dimensionen zu begreifen, manches zu rekonstruieren, nachzustellen, mit dem Körper aufzunehmen, abzugehen, aufzukleben – um besser zu verstehen…

Am 20. November 1941 erfolgte von hier die erste Deportation von jüdischen Münchnern und Münchnerinnen. Ca. 1000 Menschen – darunter 130 Kinder – wurden von der Knorrstraße aus nach Kaunas deportiert und dort nach wenigen Tagen ausnahmslos ermordet.

Erkunden Sie die acht Stationen
zusammen mit dem Holocaust-Überlebenden Ernst Grube

„Die Siedlung hat sich in jeder Weise als geeignet erwiesen, die gestellten Zweckbedingungen voll und ganz zu erfüllen, ohne ihr Vorhandensein hätte z.B. die Mitte November 1941 vollzogene Aussiedlung nie so vorbereitet und derart reibungslos und einwandfrei durchgeführt werden können.“

TÄTIGKEITS- UND ABSCHLUSSBERICHT DER ARISIERUNGSSTELLE, 30.06.1943

„[D]enn im Sammellager von Milbertshofen wird ihnen vieles von der sparsamen Habe, die sie überhaupt mitnehmen durften (Gesamtgewicht 30 kg im kl. Koffer mit etwas Wäsche, 1 Anzug, 1 Decke mit nötigstem Kochgeschirr, kein Messer, keine Schere, keine Rasierklinge! Proviant für 2 bzw. 4 Tage), abgenommen u. oft verschwinden die Koffer überhaupt u. kommen niemals an.“

BRIEF VON FRITZ SCHNELL, 10.06.1942

„Es gibt ja viel, das man vergisst, das irgendwo weg ist. Die Zeit heilt Wunden, heißt es. Hier nicht. Dieses Schreien, dieses gar nicht beschreibbare, hoffnungslose Schreien, das klingt in meinen Ohren. […] [Es] ist einfach immer noch da, als ob es vorige Woche gewesen wäre.“

ERNST GRUBE BEI SEINEM BESUCH IN MILBERTSHOFEN, 26.06.2021

„Waschbaracken, Waschküche usw. dienten, wie erwähnt, der bei einem Gemeinschaftslager – noch dazu von Juden – aus naheliegenden Gründen besonders zu betonenden Hygiene.“

TÄTIGKEITS- UND ABSCHLUSSBERICHT DER ARISIERUNGSSTELLE, 30.06.1943

„Es gab keine Privatsphäre. Es konnte sich niemand mal in ein Eck verziehen oder mal der Mann seine Frau umarmen oder sonst wie. Da haben alle anderen mitgesehen.“

ERNST GRUBE BEI EINEM ZEITZEUGENGESPRÄCH, 17.06.2021

„Trotz all dieser Beschränkungen und der abgeschiedenen Lage war die Trennung zwischen Juden und der restlichen Stadtbevölkerung keineswegs vollständig. Das Areal des Lagers in Milbertshofen war von außen einsehbar.“

STRNAD, MAXIMILIAN: ZWISCHENSTATION „JUDENSIEDLUNG“ – VERFOLGUNG UND DEPORTATION DER JÜDISCHEN MÜNCHNER 1941-1945, MÜNCHEN 2011

„Hier ist es jetzt aber sehr schön und wir bewohnen ein Zimmer einer Baracke, das Frl. Bendix sehr nett einrichtete. Es ist in drei Teile geteilt und besteht aus einem Kleinkinder-, Schlaf- und Spielzimmer, dem Schlafraum der Größeren und Frl. Jacobis Zimmerchen, das auch Frl. Bendix tagsüber bewohnt.“

TAGEBUCHEINTRAG VON ESTHER COHN, 02.06.1942

„Am 20.November 1941 wurden diese Menschen, Männer, Frauen und Kinder, zu einem Zug getrieben, der sie nach Osten bringen sollte. […] Der Fußweg vom Sammellager zum Frachtenbahnhof Milbertshofen beanspruchte etwa 20-30 Minuten. Starker Regen fiel an jenem frühen Morgen auf die Jungen, die Alten und die Kranken herab und erschwerte den langen Weg zusätzlich.“

KOPPEL, AL: ZUERST AN DER REIHE. DAS SCHICKSAL MEINER FAMILIE. IN: „… VERZOGEN, UNBEKANNT WOHIN“. DIE ERSTE DEPORTATION VON MÜNCHNER JUDEN IM NOVEMBER 1941, MÜNCHEN 2000